Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer unseres Einwohnerantrags „Kiezgebiet“,
Leider müssen wir mitteilen, dass in der letzten Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 21. Mai 2025 unser Einwohnerantrag gescheitert ist. Damit haben wir nicht gerechnet.
Das sind die Fakten:
Unser Antrag wurde erstmalig in der BVV vorgestellt, und wie üblich dann an die Ausschüsse Mobilität und Stadtentwicklung überwiesen. Die BVV und die zuständigen Ausschüsse haben sich insgesamt drei mal mit dem Antrag befasst, und wir haben dreimal den Antrag vorgestellt und begründet.
Die „Aussprache“ in den Ausschüssen bestand nur aus kurzen „klärenden“ Nachfragen – zu keinem Zeitpunkt hat sich eine der Parteien öffentlich erklärt, dass sie den Antrag ablehnen wolle, oder substanzielle Gründe dagegen öffentlich vorgebracht. Die Abstimmung in den Ausschüssen ergab jeweils eine Mehrheit für die Unterstützung des Antrags (CDU: nein, FDP: nein, AfD: nein, SPD: ja, Grüne: ja, LINKE: Enthaltung).
Wir hatten während den Beratungen versucht auch mit der LINKE darüber ins Gespräch zu kommen, nur auf mehrfache Nachfrage haben wir erfahren, dass die Linke offenbar dem Thema „Kiezblocks“ skeptisch gegenübersteht, man den Antrag insgesamt aber nicht ablehnen wolle. Den sehr generell gefassten Ausführungen des Fraktionsvorsitzenden der LINKE – Herrn Kempe – war während den Ausschuss-Beratungen ebenfalls eine gewisse Skepsis, aber nichts Konkretes zu entnehmen, was wir an die Unterstützenden Bürger des Antrags hätten weiterleiten können.
Wir konnten daher davon ausgehen, dass das Abstimmungsverhalten so auch in der Schlussabstimmung am 25.05.25 Bestand hat. Am Vorabend dieser Sitzung hat der Ältestenrat noch beschlossen, dass zu diesem Tagesordnungspunkt keine Aussprache erfolgen soll – ein weiterer üblicher Hinweis darauf, dass sich an den Positionen nichts geändert hat.
Ohne weitere Aussprache und Hinweis für uns änderte die LINKE jedoch ihr Abstimmungsverhalten und stimmte plötzlich zusammen mit AfD, CDU und FDP gegen den Antrag. Das Endergebnis damit waren 24 Stimmen dafür und 24 dagegen. Da eine Mehrheit für die Annahme erforderlich gewesen wäre, ist unser Antrag damit endgültig gescheitert.
Hier geht es zur BVV-Seite mit allen Dokumenten zum Antrag.
Wie schätzen wir die Geschehnisse ein, und welche Schlüsse kann man daraus ziehen ?
Zu diesem Zeitpunkt können wir das Geschehene noch kaum bewerten, da wir über die Hintergründe der Ablehnung im Unklaren gelassen wurden, und wie gesagt nachvollziehbare Gründe für eine Ablehnung in den Aussprachen in der BVV (weder konkret in den Ausschüssen, noch in der BVV-Sitzung) nicht vorgebracht wurden.
Die LINKE hat sich damit jedenfalls in eine seltsame Allianz mit Parteien begeben, die sich üblicherweise allein prinzipiell gegen eine gerechte, soziale und nachhaltige Stadtentwicklung und sichere Mobilität für alle Menschen aussprechen. Wie ernst es die Linke mit sozialer und gerechter Mobilität für alle und insbesondere schwächere Verkehrsteilnehmer meint, muss ernsthaft in Frage gestellt werden.
Der Antrag wurde auch oft fälschlicherweise auf ein Verkehrskonzept reduziert und als solcher eingeordnet – richtig ist jedoch dass es hier generell um eine moderne und nachhaltige Stadtentwicklung geht. Der öffentliche Raum besteht derzeit jedoch naturgemäß fast ausschließlich aus flächen für den (Auto-)Verkehr.
Es stellt sich auch die Frage nach den möglichen Gründen der Ablehnung auch deswegen, weil die Grundzüge des Konzepts den Worten und Absichten des regierenden Bürgermeisters (CDU) und beispielsweise hinsichtlich der Änderung an den zu sanierenden Straßen der geltenden Beschlusslage der BVV – einschließlich der LINKE entsprechen.
Die mangelnde Offenheit, Ehrlichkeit und Diskussionsbereitschaft sowie eine klare Kommunikation gegenüber den 1.400 antragstellenden Bürgern ist ein Skandal und beschädigt die Glaubwürdigkeit der BVV und der Parteien.
Insbesondere wer einen Antrag, der von Bürgerinnen und Bürgern wurde, sollte dies gegenüber den Bürgern und der BVV-Öffentlichkeit und anwesenden Pressevertretern klar benennen und begründen. Genau dem haben sich vor allem die ablehnenden Parteien bis zuletzt noch entzogen, in dem es hierzu keine Aussprache mehr zur Endabstimmung geben sollte. Nach unserer Einschätzung ist damit das Vertrauen, das Bürger der BVV grundsätzlich entgegenbringen sollen erheblich beschädigt.
Andererseits gehen wir jedoch davon aus, dass die BVV Anträge von über 1.400 Menschen, deren Unterstützung vom Bezirksamt geprüft wurde, eigentlich weder leichtfertig noch unbegründet übergehen sollte. Dennoch ist dies hier offenbar der Fall. Wenn es nicht zustimmungsfähige Punkte im Antrag gegeben hätte, hätten sowohl die Ausschüsse wie auch die BVV die Möglichkeit gehabt, den Antrag zu verändern, um eine Zustimmung zu ermöglichen. Davon wurde ebenfalls kein Gebrauch gemacht.
Dies bedeutet letztlich auch, dass die Leistung des bürgerschaftlichen Engagements in Form sehr vieler ehrenamtlicher Arbeitsstunden von Menschen in den Wohngebieten, in den Initativen und im Verein für nachhaltige Verkehrsentwicklung e.V. vollkommen umsonst war, und keinerlei Wirkung entfalten wird. Damit scheinen die ablehnenden Parteien in der BVV kein Problem zu haben.
Haben die Parteien Anworten auf die Herausforderungen der Zukunft ? Nein, denn sonst hätte es diesen Einwohnerantrag nie gegeben.
Die Frage ist nun, welche bessere Alternative zu unserem Einwohnerantrag die Parteien haben ? Ist nun wirklich damit zu rechnen, dass es eine andere, bessere kohärente Stadtentwicklung in irgend einer anderen Form geben wird ? Wer so etwas ablehnt, sollte eigentlich gute Gegenvorschläge haben.
Aus unserer Erfahrung aus fast zehn Jahren Arbeit an diesem Thema muss man leider damit rechnen, dass es weder bessere Gegenvorschläge noch bessere oder überhaupt andere Konzepte geben wird. Die Parteien werden stattdessen einzeln und in wechselnden Interessenskoalitionen versuchen ihre eigenen Ziele durchzusetzen. Ein sinnvolles Konzept ist hieraus nicht zu erwarten.
Abschließend ist noch anzumerken, dass sich die BVV pikanterweise direkt vor der Abstimmung über unseren Antrag über mehrere Stunden ausgiebig mit den Bedürfnissen von Seniorinnen und Senioren – einschließlich sicherer und barrierefreier Mobilität im Alter – beschäftigt hat.
So heißt es im Bericht der GRÜNEN zur BVV-Sitzung hierzu:
„Der Hauptteil des Abends galt dann glücklicherweise dem geplanten Schwerpunkt der Sitzung – seniorenpolitischen Themen – und das völlig zu Recht. Denn ob eingeschränkte Mobilität, altersgerechtes Wohnen oder soziale Isolation – diese Herausforderungen machen nicht nur Senior*innen zu schaffen. In der Debatte wurde jedoch klar, dass auch Familien mit kleinen Kindern oder Menschen mit Behinderung darunter zu leiden haben. Umso erfreulicher, dass sich alle Fraktionen in diesem Bereich gemeinsam engagieren.“
Die CDU schreibt hierzu[1]:
„Als CDU setzen wir uns unter anderem dafür ein, dass der öffentliche Raum für ältere und in der Mobilität eingeschränkte Menschen sicherer und barrierefreier wird.“
Nur wenige Minuten danach hätte die BVV die Möglichkeit gehabt, ihrem Anspruch konkrete Taten folgen zu lassen – und scheiterte – leider erneut. So müssen Seniorinnen und Senioren, Kinder und Menschen jeden Alters auch in den kommenden Jahren wieder Zeugen einer unkoordinierten, wirren, Partei- und Klientelgetriebenen Stadtentwicklung im Norden von Pankow werden, und werden üblicherweise die Verlierer im Spiel der Kräfte sein.
Zur Beruhigung der Menschen wird es aber in jedem Fall weitere Sonntagsreden geben, in welchen die Sicherheit und Mobilität für Menschen jeden Alters als Wert gepriesen wird – und meist das Gegenteil davon gemacht wird.
Die offensichtliche Nutzlosigkeit bürgerschaftlichen Engagements drückt sich auch dadurch aus, dass trotz fast zehnjähriger Arbeit zum Beispiel hinsichtlich der Sanierung der Kastanienallee in Rosenthal kein einziger Kompromiss und keine einzige Änderung zum Besseren bewirkt werden konnte – trotz zahlreicher Eingaben, Anträge und Gesprächen. Nach zehn Jahren Arbeit bleibt derzeit den Menschen vor Ort nur noch die Bemühung von Anwälten und Gerichten, um das Schlimmste für die Menschen vor Ort abzuwenden. Reden und Diskutieren scheint nicht mehr zu helfen; dies ist leider ein sehr trauriger Befund über den Zustand unserer Demokratie.
Ob sich weitere Bemühungen im Sinne bürgerschaftlichen Engagements für eines bessere Stadt- und Verkehrsentwicklung vor diesem Hintergrund noch lohnen, ist derzeit nicht zu bewerten. Sollten die Parteien zu diesem Vorgang noch einmal Stellung nehmen und weitere Aspekte zutage treten, werden wir erneut berichten.
[1] https://www.fraktion-cdupankow.de/blog/pankow-gemeinsam-mit-senioren-barrierefreier-machen
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